Interkulturelles Training Definition und Ziele
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Interkulturelles Training: Definition & Ziele

Interkulturelles Training: Definition von IKUD® Seminare

Interkulturelles Training ist eine spezielle Personalentwicklungsmaßnahme, die darauf abzielt, Einstellung, Wissen sowie Handlungskompetenz der Teilnehmenden positiv in Bezug auf die erfolgreiche Interaktion mit Personen mit anderen kulturellen Orientierungen zu beeinflussen. Ein interkulturelles Training findet meist in einem zeitlichen Format von 1-3 Tagen statt und ist eine Gruppenfortbildung in einer Kleingruppe, die dabei von einem interkulturellen Trainer (m/w/d) geleitet wird. In der ersten Phase eines interkulturellen Trainings setzen Teilnehmende sich zunächst mit der eig:enen Kultur auseinander, um im nächsten Schritt Unterschiede und Gemeinsamkeiten von eigenen und fremdkulturellen Verhaltens- und Denkmustern zu erkennen. Themen sind u. a. kulturell beeinflusste Wahrnehmung, Vorurteile & Stereotypen, Denkmuster, Werteeinstellungen sowie unterschiedliche Ebenen von Kultur (sichtbar, nicht sichtbar, bewusst, unbewusst etc.).

Anhand von aktiven Übungen und Rollenspielen, der Arbeit mit Fallbeispielen und unterfütternden theoretischen Elementen steigert interkulturelles Training die interkulturelle Kompetenz der Trainingsteilnehmer. Wichtig ist dabei eine ausgewogene Mischung von aktivierenden und kognitiven Lernmethoden. Letztendlich ist interkulturelles Training immer auch eine Form der Persönlichkeitsentwicklung.

Neben kulturallgemeinen interkulturellen Kompetenz-Trainings gibt es länderspezifische interkulturelle Trainings. Hier fokussiert man sich auf einen ausgewählten Kulturkreis/einen regionalen oder nationalen Schwerpunkt, zum Beispiel als Vorbereitung einer Auslandsentsendung.

Interkulturelles Training – Definition: Transfer des Gelernten

Der zentrale Aspekt eines erfolgreichen interkulturellen Trainings beruht – wie praktisch in jeder Weiterbildung/ Training – auf dem Transfer, d.h. der Übertragung der Erkenntnisse, hier aus dem Spannungsfeld eigene und fremde Kultur. Die Teilnehmenden entwickeln unter der (methodischen) Hilfestellung des interkulturellen Trainers individuelle Handlungsstrategien, beispielsweise das Verhalten in konkreten Situationen. Zudem werden typische und häufige kulturelle Wertekonflikte thematisiert und bestenfalls bereits erlebte Konflikte reflektiert und aufgelöst. Die handlungsbezogenen Hinweise in einem interkulturellen Training sollten nie holzschnittartig erfolgen („verhalten Sie sich mit arabischen Partnern immer so oder so“), sondern sowohl die Situation (persönliche Faktoren, Arbeitszusammenhang etc.), die Person (Rolle) als auch die Kultur(en) berücksichtigen, die an der Interaktion beteiligt sind. In erster Linie geht es um eine Sensibilisierung für kulturelle Vielschichtigkeit und den Erwerb eines breiteren Handlungsspektrums. Interkulturelles Training zielt weiterhin nicht vornehmlich auf Wissenserwerb ab, obwohl natürlich bestimmte Informationen wichtig und hilfreich sind. Im Vordergrund steht die aktive Auseinandersetzung mit fremdkulturellen Denk- und Handlungsmustern sowie der daran anschließende Ergebnissicherung.

Interkulturelles Training: Ziele & Entstehungsgeschichte

Kompetenz beim Managen einer interkulturellen Situation spielt in unserer globalisierten Welt eine immer größere Rolle. Der Internationalisierung der Märkte kann nur mit interkulturell kompetenten Arbeitskräften entgegen getreten werden. Zu deren Ausbildung dienen die Interkulturellen Trainings. In den 1950er Jahren erkannte man in den USA erstmals die Wichtigkeit einer Sensibilisierung gegenüber anderen Kulturen im Bereich der Wirtschaft. Müller-Jacquier/ten Thije setzen die Grundsteinlegung für die Interkulturellen Trainings zu bereits diesem Zeitpunkt an. „Der Begriff intercultural communication wurde zuerst in den USA verwendet, als in den fünfziger Jahren das Bewusstsein für die Probleme bei den neu gestalteten Auslandskontakten stieg.“1

Karlfried Knapp datiert die Thematisierung interkultureller Kompetenz dagegen erst auf die 1960er Jahre,2 einhellig geht die Literatur jedoch von den USA als „Geburtsort“ der Interkulturellen Trainings aus, „entstanden aus der Realität zunehmender Internationalisierung“.3

Doch erst in den 1980er Jahren wurde Interkulturelles Trainings in der Wirtschaft zum wirklichen Thema, und die Unprofessionalität, Unstrukturiertheit und „der Beigeschmack des „Geschichten über eigene Erfahrungen erzählen““ (Kainzbauer 2002: 12) begann wissenschaftlich fundierten Trainingsprogrammen zu weichen.

Die Mobilität von Berufstätigen, Globalisierung, politische Entwicklungen, all dies sind Gründe für den Einsatz Interkultureller Trainings. Die Begriffe interkulturell/ cross-cultural/ multikulturell/ diversity und Training/ Ausbildung/ Orientierung  werden in der untersuchten Literatur dabei synonym verwendet (vgl. Kainzbauer 2002: 13).

Erwerb von „Soft Skills“

So genannte „soft skills“ sollen durch Interkulturelles Training erworben werden, wobei dessen Einsatz bei Fetscher/Hinnenkamp diskutiert wird: „Für die einen ist der Bedarf in der Wirtschaft das entscheidende Betätigungsfeld (…); andere sehen ihre Klientel vor allem im FSU (…) oder in der Schule, (…), und noch andere sehen den größten Handlungsbedarf in professionellen Bereichen wie der psychosozialen Beratung (…) und schließlich im Spannungsfeld des professionellen Umgangs mit Einwanderern und Flüchtlingen…“4

Interkulturelles Training in der Wirtschaft

Generell bezieht sich die Literatur, auch die ausgewählte, zumeist jedoch auf Interkulturelles Training in der Wirtschaft, da dort auch die Mehrheit der Trainings stattfindet. Im universitären Bereich (z. B. bei Austauschstudenten, Auslandsemestern, Gastprofessuren usw.) fehlen sie leider meist. Fetscher/Hinnenkamp führen jedoch ein Beispiel einer deutschen Universität an, an der Studierende trainiert wurden (vgl. 1994: 76 ff.).

Interkulturelles Training: Ziele

Trainingsziel ist bei Knapp vornehmlich die Erlangung interkultureller Kompetenz durch Kommunikationsfähigkeit. Er legt der sprachlichen Kommunikation kognitive Schemata zugrunde, Erwartungsstrukturen gegenüber dem, was als in bestimmten Situationen als normal und plausibel erscheint (vgl.: Knapp 1995: 11). Der kulturelle Hintergrund ist dafür entscheidend. „Sprachliche“ Kommunikation beinhaltet bei Knapp auch paraverbale und non-verbale Kommunikation. „Wie eine stattfindende Interaktion zu deuten ist, wird von den Interagierenden normalerweise lediglich durch sprachlich-kommunikative Indikatoren indiziert und durch den fortlaufenden Handlungszusammenhang prospektiv und retrospektiv erschlossen“ (1995: 11).

Auch einzelne Wörter können in verschiedenen Kulturen unterschiedlich gebraucht werden, anhand des „friend“ im Amerikanischen und „Freund“ im Deutschen stellt Knapp dar, wie Missverständnisse entstehen können, da inhaltlich ganz andere Konzepte von Freundschaft (im amerikanischen entspricht „friend“ eher dem Konzept einer oberflächlichen Bekanntschaft, im deutschen Kulturraum ist der „Freund“ ein engerer Verbundener) zu Grunde liegen. Knapp nennt auch Beispiele zu Sprechakten, die in unterschiedlichen Kulturen anders eingesetzt werden, so etwa im Japanischen das Entschuldigen nachdem einem ein Gefallen getan wurde, dem eine Danksagung im Deutschen gegenüber steht (vgl. 1995: 13).

Durch Interkulturelles Training soll der Teilnehmer/die Teilnehmerin für solch mögliche Missverständnisse sensibilisiert werden.

Drei wichtige Komponenten für interkulturelles Training

Frank Herbrand unterscheidet die Ziele Interkultureller Trainings in drei Komponenten interkultureller Kompetenz, in kognitive, affektive und verhaltensorientierte Ziele. Die Grenzen dieser bezeichnet er jedoch als fließend, denn „je mehr der Mitarbeiter über eine Kultur weiß, (interkulturelles Wissen), desto wahrscheinlicher ist eine erhöhte Sensibilität für die Eigenarten und Besonderheiten dieser Kultur und sowie eine Veränderung seiner persönlichen Einstellung gegenüber dem bisher Fremden (interkulturelle Sensibilität). Interkulturelle Handlungskompetenz wiederum erfordert interkulturelle Sensibilität und interkulturelles Wissen, da für die Wahl situativ angemessener Verhaltensweisen relevante Umweltfaktoren (…) wahrgenommen und dann korrekt interpretiert werden müssen“ (2002: 48).

Kognitive Trainingsziele

Das kognitive Trainingsziel beschreibt Herbrand als Vermittlung kulturallgemeinen und kulturspezifischen Wissens. Die Bewusstwerdung über die Prägung der eigenen Kultur ist Voraussetzung für die objektive Betrachtung der fremden Kultur. Da der zeitliche Rahmen des Trainings eine detaillierte Kenntnis der fremden Kultur nicht zulässt, soll lediglich ein Orientierungssystem mit den wichtigsten regulativen Standards, das spezifische Wertsystem und die Bedürfnisstrukturen in der fremden Kultur (2002: 49) vermittelt werden.

Affektive Trainingsziele

Als affektives Trainingsziel definiert Herbrand die Fähigkeit zur tiefer gehenden Wahrnehmung einer anderen Kultur, relevante Reize und Signale aus der Umwelt sollen wahr genommen werden und insgesamt eine „weltoffene, unvoreingenommene Wahrnehmung“ (2002: 52) und eine Vorurteilsfreiheit geschaffen werden. Empathiefähigkeit und soziale Kompetenz sind steigerungsfähig.

Verhaltensorientierte Trainingsziel

Das verhaltensorientierte Trainingsziel Herbrands beinhaltet eine Erweiterung des Repertoires an Handlungen in bestimmten Situationen, Konflikt fördernde Handlungen sollen erkannt und unterlassen werden. Auf der kommunikativen Ebene trifft sich Herbrand hier mit Knapp, der ebenso nonverbale, paraverbale und indirekte Kommunikationsfaktoren benennt. Herbrand warnt allerdings vor dem lediglichen Rollentausch, der natürlich eine erfolgreiche Kommunikation verhindert.

Astrid Kainzbauer beschäftigt sich vor allem mit einer langfristigen vs. kurzfristigen Zielorientiertheit. Generell nennt sie drei Ziele:

  • „Anpassung an eine neue kulturelle Umgebung
  • effektive Integration mit Mitgliedern anderer Kulturen
  • persönliche Zufriedenheit.“ (2002: 14)

Interkurelles Training: Kurzfristige Auswirkungen

Kainzbauer führt unter den kurzfristigen Auswirkungen Interkultureller Trainings wie Herbrand kognitives Wissen, affektive Einstellung (Emotionen) und Verhalten an (vgl. 2002: 20). Den affektiven Bereich besetzt sie allerdings vor allem mit den Emotionen von Angst und Unsicherheit, die abgebaut werden sollen. Auf lange Sicht sollen diese durch „größere Freude und weniger Anspannung“ (2002: 20) im anderen kulturellen Umfeld ersetzt werden. Der kognitive Prozess bei Kainzbauer verhindert direkt die Stereotypenbildung durch komplexe Ansichten über die Gastkultur, langfristig soll eine Internationalisierung der eigenen Einstellung und eine weltoffene Gesamthaltung erlangt werden (vgl. 2002: 20). Ergänzend zu Herbrand nennt Kainzbauer im Bereich der verhaltensorientierten Zielsetzung die Unterstützung „der Einheimischen bei der Erreichung  ihrer eigenen Ziele durch verbesserte interpersonale Beziehungen mit den Einheimischen“ (2002: 20). Es wird hier wiederum die Ausrichtung auf das Interkulturelle Training als Maßnahme in der Wirtschaft deutlich.

Fetscher/Hinnenkamp thematisieren insbesondere die Situativität interkultureller Kontakte und formulieren insofern nur vorsichtig Lernziele, da durch immer wieder andere Situationen generelle Praktikabilität und Umsetzbarkeit nicht gewährt werden können. Sie betonen, dass „fast keines der uns bekannten Sensibilisierungsprogramme […]allerdings die Analyse der Mikrostruktur der Kommunikation und noch weniger die Situation in dem von uns verstandenen Sinn in den Vordergrund“ stellt (1994: 73).

Fetscher/Hinnenkamp nennen auch das Lernziel, Statusunterschiede und unterschiedliche Machtverhältnisse in einer Fremdkultur zu akzeptieren und stellen so dar, dass soziale und kulturelle Faktoren eng miteinander verknüpft sind (vgl. 1994: 73).

Interkulturelles Training: Lernziele

Nur kurz gehen Müller/ten Thije in ihrem Text auf die Lernziele des Interkulturellen Trainings ein, da sie den Schwerpunkt auf das Berufsbild des Trainers/der Trainerin setzen. Sie führen jedoch die zu erlernende Versetzung in Fremdperspektiven, Einschätzung des eigenen Handelns in der Wirkung auf die Angehörigen einer anderen Kultur und das Erlernen von bestimmten sprachlichen Formen wie Intonationsmustern, Äußerungen und auch nonverbalen Signalen an (vgl. 2000: 44). Genau wie Herbrand bezeichnen sie die Entwicklung von Handlungsalternativen für bestimmte Situationen – des Berufslebens und des Alltags – als wünschenswert. Der Einblick in Grundzüge der Gruppendynamik wird nur bei Müller/ten Thije als Lernziel im interkulturellen Training thematisiert.

Quellen:

1 Müller-Jacquier, Bernd/ten Thije, Jan D. (2000): „Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation“, in: Becker-Mrotzek, M./Brünner, G./Cölfen, H. (Hrsg.): Linguistische Berufe, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien: Lang, 39-57, hier: 39.
2 Knapp, Karlfried (1995): „Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit als Qualifikationsmerkmal für die Wirtschaft“, in: Bolten, Jürgen (Hrsg.): Cross Culture – interkulturelles Handeln in der Wirtschaft, Sternenfels/Berlin: Verlag Wissenschaft & Praxis, 8-23, vgl. hier: 9.
3 Kainzbauer, Astrid (2002): Kultur im interkulturellen Training. Der Einfluss von kulturellen Unterschieden in Lehr- und Lernprozessen an den Beispielen Deutschland und Grossbritannien, Frankfurt a. M./London: IKO-Verlag für Interkulturelle Kommunikation, hier: 12.
4 Fetscher, Doris/Hinnenkamp, Volker (1994): „Interkulturelles Kommunikationstraining und das Managen der interkulturellen Situation“, in: Sprache und Literatur 74/1, 67-89, hier: 67.

Zitierweise
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